Bosnien und Montenegro - Meyers Konversations-Lexikon Vierte Auflage 1889. Maßstab 1 : 1700000 Map Karta Bosna


Bosnien (serb. u. türk. Bosna; hierzu Karte "Bosnien etc."), die ehemalige nordwestlichste Provinz der europäischen Türkei, bildete ein Wilajet, zu welchem außer dem eigentlichen B. mit Kraina die Herzegowina und Novibazar (zusammen 62,463 qkm) gehörten; das 1878 von Österreich-Ungarn besetzte Gebiet (B. u. Herzegowina) umfaßt 52,102 qkm (945,2 QM.), wozu noch das 1879 besetzte Sandschak Novibazar mit 6785 qkm (123,2 QM.) kommt. B. wird nördlich durch die Save von Slawonien, östlich durch die Drina von Serbien, westlich durch die Dinarischen Alpen und deren Ausläufer von Dalmatien und Kroatien geschieden; im S. grenzt es an Dalmatien, Montenegro und Albanien. Das durchaus gebirgige Land wird von zahlreichen von NW. nach SO. streichenden parallelen Gebirgsketten der Dinarischen Alpen durchfurcht, die, im N. aus der Saveniederung gegen das 1000 m hohe dalmatische Grenzgebirge allmählich aufsteigend, im SO. ihren höchsten Gipfel erreichen. Die bedeutendsten Gebirge (Planinen) sind im NW. bei Bihac das Germec- und Crljevicagebirge (1460 und 1971 m) und die Cerna Gora (1800 m) mit dem Vitoroggebirge. Die nächste Parallelkette jenseit der Sanna beginnt im N. mit dem Kozaragebirge und endet in der 2000 m hohen Radusa. Von dem oberhalb dieser sich erhebenden Gebirgsknoten Zec (2200 m) erstreckt sich nordwärts das Scit- und Vlasicgebirge (1923 m), gegen O. die Bitovnja (2160 m) und das Ivangebirge, südöstlich die Jahorina mit dem Korjen- (1872 m) und Ranjengebirge. Im W. laufen parallel mit ihr die Bjelasnica (2115 m) und Treskovica (2428 m); im S. hingegen beginnt das Konglomerat der herzegowinischen Gebirge (Vucija 2070 m, Dumos 1700 m und Lebrsnik). Südlich von der Neretva erheben sich die riesigen, schneebedeckten Gipfel des Prenjgebirges mit der Velez- und Cabuljakette im S. und W. In Novibazar, nördlich vom Dormitor, dem Bergriesen Montenegros, erstrecken sich die langen, waldigen Rücken der Ljubicnja, am rechten Bosnaufer endlich das 1500 m hohe Plateau des Romanjagebirges und die Vranagruppe, welche in dem riesigen Konjugebirge abschließt. Ebenen hat B. nur längs der Save und an der untern Unna und Bosna aufzuweisen, die größte auf dem linken Wrbasufer (von Banjaluka bis an die Save). An fließenden Gewässern ist B., da die noch gut bewaldeten Berge die Quellen hinreichend nähren, sehr reich. Viele derselben fließen nördlich zur Save, so die Unna mit der Sanna, der Wrbas mit der Pliva, Wrbanja und Ugar, die Bosna, der Hauptfluß Bosniens; ferner die Ukrina und die Drina mit dem Lim und Uwaz. Der Hauptfluß im SW. ist die ins Adriatische Meer mündende Narenta. Seen gibt es wenige und nur unbedeutende, so den bei Jesero, welchen die Pliva durchfließt, und einen westlich bei Mostar; desto reicher ist B. an Sümpfen, darunter die großen Sevarovo Blato und Mostarsko Blato; beide werden mit Moorhirse besäet. Das Klima ist nur in der Herzegowina zum Teil südlich-heiß, im eigentlichen B. jedoch, wo die höchsten Bergspitzen das ganze Jahr hindurch mit Schnee bedeckt sind, ist die Sommertemperatur eine milde, und in den höhern Waldgebirgen herrscht zumeist eine feuchte, sehr gemäßigte Luft; dagegen ist aber auch die Kälte im Winter sehr bedeutend. An einigen Orten, wie auf der Hochebene von Kupresch, der Wasserscheide zwischen der Donau und dem Adriatischen Meer, bei Duvno und Liwno, wütet die Bora wie auf dem Karstgebirge und wird nicht selten den Schafherden und Wanderern gefährlich. Die Kraina und die Save-Ebene sind milder als das benachbarte Kroatien.
[Bevölkerung.] Die Bevölkerung besteht nach der 15. Juni 1879 in B. und der Herzegowina durchgeführten Zählung aus 1,158,453 Einw. (607,797 männlichen, 550,656 weiblichen), welche in 43 Städten, 31 Märkten und 5054 Dörfern wohnen und mit Berücksichtigung der bis 1881 erfolgten administrativen Veränderungen sich auf die 6 Kreise und 49 Bezirke verteilen wie folgt:
Kreise Einwohner 1879
Sarajewo (8 Bezirke) 174459
Banjaluka (5 Bezirke) 231628
Bihac (8 Bezirke) 126239
Travnik (7 Bezirke) 193296
Tuzla (10 Bezirke) 268533
Mostar (11 Bezirke) 164298
Zusammen: 1158453
Hierzu kommen noch die Besatzungstruppen (etwa 27,000 Mann) und die Fremden, ferner die auf 168,000 Köpfe geschätzte Bevölkerung von Novibazar. Die Einwohner sind Slawen und gehören dem serbischen Stamm an. Zum Unterschied von den eigentlichen Serben werden sie Bosniaken genannt, wogegen man die Bewohner Rasciens Raizen, jene der Herzegowina Herzegowinaer nennt. Der Rest besteht aus Juden, seßhaften Zigeunern (Mohammedanern, welche das Schmiedehandwerk betreiben) und nicht ansässigen Fremden. Zu letztern gehören zahlreiche Arbeiter, Beczari ("Junggesellen") genannt, die aus Albanien und Bulgarien jeden Sommer hierher kommen, Arbeit suchen und im Winter in ihre Heimat zurückkehren, ferner viele Flüchtlinge und die sogen. Zeltbewohner (Czergassi), bestehend teils aus Walachen (die herumwandernd Holzwaren schnitzen oder als Hirten auf den Gebirgen umherziehen), teils aus nomadisierenden, bettelnden und kesselflickenden Zigeunern (Cigani). Eigentliche Osmanen gibt es nur vereinzelt, höchstens in den größern Städten; ebenso sind die Albanesen nur zerstreut in Novibazar zu finden. Die Sprache ist in ganz B. die serbische und hat sich namentlich auf dem Land ganz rein, voll und schön erhalten. Das Türkische hat sich trotz der langen Herrschaft der Osmanen in B. nirgends eingebürgert. Die Religion scheidet die Bewohner Bosniens in Christen, Mohammedaner und Juden. 1879 zählte man 496,761 Griechisch-Katholische, 448,613 Mohammedaner, 209,391 Römisch-Katholische, 3439 Israeliten und 249 Andersgläubige. Die Mohammedaner sind meist Bosnier, die einst, um ihre Güter zu behaupten, zum Islam übertraten, seitdem die ärgsten Feinde des Christentums sind und meist in den Städten wohnen, wo sie Handwerk und Handel treiben. Die Christen leben in den Dörfern als Landbauer, namentlich im N. von Novi bis Bjelina, dann längs der Grenze Dalmatiens und der Herzegowina. Die griechischen Katholiken stehen unter dem Patriarchen von Konstantinopel und haben einen Metropoliten in Sarajewo und zwei Bischöfe (Vladike) in Mostar und Izvornik. Die römischen Katholiken bilden drei apostolische Vikariate, das bosnische, das Herzegowinaer und das Trebinjer Vikariat, von denen das letztere von Jesuiten versehen wird und unter dem Bischof von Ragusa steht; die beiden erstern dagegen werden von Franziskanern geleitet, welche, sämtlich aus B. gebürtig, die Klöster Foinitza, 248

Bosnien (Schulwesen, Charakter und Lebensweise der Bewohner; Ackerbau).

Kreschevo, Sutjesko und Siroki Brieg bewohnen, alle Pfarreien besorgen und sich um die Erhaltung des römischen Katholizismus in B. überhaupt seit Jahrhunderten sehr verdient gemacht haben. Der Volksunterricht ist sehr vernachlässigt. Katholische Volksschulen existieren erst seit 1848 und zwar nur in 13 Städten. Die Griechen haben schon seit langer Zeit in mehr als 30 Orten Volksschulen und in Sarajewo ein Lehrerseminar. Mädchenschulen gibt es gar keine. In den türkischen Schulen wird fast nichts als der Koran gelehrt. Zur Zeit der Okkupation bestanden in den sechs politischen Kreisen 645 Schulen alten Systems, darunter 18 Ruzdie- (höhere Bürger-) Schulen, 18 Medressen (geistliche Schulen) und 110 Elementarschulen. Erstere drei Kategorien sind mohammedanisch, letztere dagegen römisch-katholisch und griechisch-orientalisch. Unter der österreichisch-ungarischen Verwaltung sind 38 Volksschulen mit 2067 Schülern neu geschaffen. Alle 684 Lehranstalten wurden 1879 von 31,663 Schülern besucht.
Die physische Beschaffenheit der Bosniaken gleicht jener der benachbarten Slawen; auch bei ihnen findet man eine hohe, kräftige Gestalt, ein wettergebräuntes Antlitz, ausdrucksvolle Schönheit in den Zügen, Ruhe und Würde in der Haltung. Der bosnische Mohammedaner liebt in der Kleidung, welche ganz der türkischen gleicht, grelle, besonders hochrote Stoffe und reichverzierte Jacken. Auf dem Kopf trägt er den Turban und unter diesem das Fes oder ein gestricktes weißes Schutzkäppchen, seine Beine stecken bis zu den Knieen in weiten blauen oder roten Pluderhosen, die Waden bedecken Gamaschen und die Füße Schnabelschuhe oder Opanken (Riemenschuhe). Die Frauen kleiden sich gleichfalls türkisch und genießen in B. eine größere Freiheit als in der Türkei. Deshalb hüllen auch die vornehmern mosleminischen Frauen ihr Gesicht bis auf die Augen in ein durchsichtiges Gewebe, so daß man ihre Züge deutlich sehen kann. Im Narentathal findet man sie auch ganz unverschleiert. Jene der niedern Stände tragen außer dem Gesichtsschleier auch noch einen den ganzen Oberkörper einhüllenden groben Überwurf. Die christlichen Bewohner, deren soziale Stellung bis in die letzte Zeit eine vielfach bedrückte war, mußten sich in dunkle Stoffe kleiden; ihr Fes ist braunrot oder noch dunkler, ihr ebenfalls nur bis zum Knie reichendes faltenreiches Beinkleid blau. Nebst Gamaschen und Bundschuhen tragen sie einen Tuchgürtel und über diesem einen ledernen Fächergurt. Die christlichen Frauen, deren Haar, in langen Zöpfen geflochten, über den Rücken herabhängt, sind serbisch-morlakisch oder türkisch gekleidet. Meist tragen sie ein Fes, eine gelbe, rote oder braune, weitärmelige, vorn offene Jacke, darunter ein niederes Mieder. Das Hemd ist auf der Brust bis zum Gürtel gleichfalls offen. Das dunkle, unschöne Beinkleid reicht von den Hüften bis zu den Knöcheln, und die nackten Füße stecken in Pantoffeln oder weit ausgeschnittenen Schuhen. Das Kinn ist bei den Christen und Mohammedanern glatt geschoren. Ganz abweichend ist die Tracht in der Kraina. Die Wohnungen in den Dörfern sind ganz so wie diejenigen der Morlaken in Dalmatien gebaut; in den Städten bestehen die Häuser größtenteils nur aus Gebälk mit schwachen Wänden aus Lehm und Kalk, haben keine Kamine und nur kleine Öffnungen für die Fenster, die in den seltensten Fällen durch Glastafeln verwahrt und im Frauengemach durch ein Holzgitterwerk geschlossen sind. Vom Souterrain, wo sich der Stall und die Räume für die Diener befinden, führt eine steile Trevve in den Wohnstock, der aus einem geräumigen Vorplatz, mehreren kleinen, niedern Gemächern und einer luftigen, achteckigen Veranda (Divanhan) besteht. Den einzigen Möbelschmuck der Zimmer bildet ein Fußteppich und hier und da ein geschnitzter Wandschrank. Als Sitz- und Lagerstatt dienen die sogen. "Minder", d. h. längs der Wände angebrachte niedrige Pritschen, die man mit Matratzen, Teppichen oder Rohrmatten bedeckt. Noch viel einfacher sind die Steinbauten der Herzegowinaer, die mit ihrem platten Dach, der niedern Thoröffnung und den kleinen Fensterluken steinernen Höhlen gleichen. Eine Eigentümlichkeit des Landes ist das in jedem Ort befindliche Einkehrhaus, Han genannt, das gleichfalls in jeder Beziehung primitiv, mitunter kaum besser ist als eine schmutzige Viehstallung.
Die Städte, welche entweder aus dem Grad oder der Festung, oder der Varosch, der eigentlichen Stadt, die gewöhnlich von einem Wallgraben und einer mit Zinnen versehenen Mauer umgeben ist, und der Mahala oder Vorstadt bestehen, oft aber auch nicht geschlossen sind, haben mitunter, wenn sie von üppigen Gärten umrahmt werden, und wenn zwischen ihren Vierteln zahlreiche Baum- und Vegetationsinseln liegen, von der Ferne aus betrachtet, ein pittoreskes, romantisch-heiteres Aussehen, bieten aber in der Nähe zumeist ein trostloses Bild allgemeiner Verwahrlosung, weil selbst die Begüterten, der orientalischen Unsitte gemäß, nur ihre individuellen Bedürfnisse befriedigen, das Gemeinwohl aber ganz außer acht lassen und sich nicht daran kehren, daß ihre Gebäude oft aus förmlichen Kloaken oder aus sumpfartigen Straßen und Gassen sich erheben. Bei den christlichen Bewohnern finden sich ohne Unterschied noch alle ursprünglichen Sitten und moralischen Eigenschaften vor: große Gastfreundschaft, patriarchalisches Familienleben, Tapferkeit und Kampfeslust, strenge Religiosität, Rechtlichkeit untereinander und Unverbrüchlichkeit der Freundschaft, aber auch Unversöhnlichkeit in der Feindschaft, blutige Rachsucht, Indolenz und Fatalismus. Die Nahrung ist sehr einfach; Milch, Schafkäse, Maiskuchen, Reis und Hammelfleisch, Zwiebeln, Knoblauch und Schnaps sind die Hauptbestandteile derselben bei den christlichen Bosniern. In der Herzegowina, wo die letztern (Rajahs) viel selbstbewußter sind, haben sich die serbischen Volkslieder, Gesänge und Erzählungen noch erhalten, wogegen diese in B. mehr und mehr verstummen. Der Grund und Boden gehört fast ganz den Mohammedanern; die Dorfbewohner sind größtenteils Kmets, d. h. Bauern ohne eignes Land und eigne Wohnung, die Grundbesitzer entweder Begs, d. h. Nachkommen des slawischen, zum mohammedanischen Glauben übergetretenen Adels, oder Agas, d. h. türkische Grundbesitzer, mit denen der Kmet seinen Pachtkontrakt abschließen mußte. Übrigens unterscheidet sich die ganze besitzende türkische Klasse, welche ursprünglich allein Waffen tragen durfte, weder durch Bildung noch durch Kleidung von den Bauern, wenn diese vermögend genug sind, es ihnen nachzuthun.
[Naturprodukte und Nahrungszweige.] B. ist infolge seines Wasserreichtums und seiner atmosphärischen Niederschläge, mit Ausnahme der südlichen Herzegowina und Novibazars, zumeist ein an Naturschönheiten reiches Waldland, in dem die Eiche, Ulme, Erle, Buche, Kiefer, Esche und der Pflaumenbaum vorherrschen. Es hat äußerst fruchtbare Thäler und Ebenen und vorzügliche Weiden, allein bisher wurde der größte Teil des Bodens gar nicht ausgenutzt. Ackerbau wurde nur für den notwendigsten Bedarf und sehr mangelhaft betrieben. Weizen und Roggen findet man nur an der Save und in den Flußebenen, aber Gerste, Hafer, Mais und Hirse sowie Bohnen fast überall, Erbsen und Kartoffeln dagegen selten. Von den verschiedenen Obstarten sind insbesondere die Pflaumen berühmt; außerdem wachsen auch Kirschen, Äpfel, Birnen, Nüsse, Kastanien, Weintrauben und in den tiefern Thälern auch Südfrüchte. Endlich gedeihen auch Reis, Tabak, Rüben, Krapp, Sumach und Heilkräuter überall in großer Menge. Von den Haustieren, welche den eigentlichen Reichtum der Bewohner bilden, züchtet man in B. insbesondere das Hornvieh, in der Herzegowina dagegen die Ziege und das Schaf, überdies auch Federvieh; Schweine nur bei den Christen in der Savegegend. Die Pferde sind zwar klein, aber dafür sehr ausdauernd; wo solche fehlen, bedient man sich der Maulesel und Esel. Das bosnische Waldland ist reich an Jagdwild, besonders an Hirschen, Rehen und Hasen. Es mangelt aber auch nicht an Bären, Wölfen, Luchsen und Füchsen. 1879 zählte man 158,034 Pferde, 3092 Maultiere und Esel, 761,302 Rinder, 775 Büffel, 839,988 Schafe, 522,123 Ziegen, 430,354 Schweine, 111,148 Bienenstöcke. Etwa die Hälfte des ganzen Areals ist mit Forstgewächsen bedeckt, und der schlagbare Hochwald des Landes umfaßt etwa 600,000 Hektar im Wert von über 30 Mill. Fl. (ohne Grund und Boden). Daß B. an Mineralien ungemein reich ist, war schon den Römern bekannt, die zu Neros Zeiten einen bedeutenden Bergbau auf edle Metalle im Quellgebiet des Urbas, im Vranitzagebirge, betrieben. Österreich-Ungarn hat sogleich nach der Okkupation eine genaue Erforschung des Landes in Bezug auf seine Mineralschätze angeordnet, und dabei wurde das Vorhandensein großer Erz- und Kohlenlager in der Nähe des Bosnathals konstatiert. B. besitzt 7 Kohlenbecken ersten Ranges und 23 kleinere Becken, die größten bei Banjaluka, Livno und Bihac; ferner riesige Lager von Eisenerzen bei Varosch (nördlich von Sarajewo), im Gebiet von Kreschevo, Foinitza etc. Kupfer, Bleiglanz, Quecksilber und Steinsalz finden sich an mehreren Orten. Auch die Zahl der Mineralquellen ist eine große. Salzquellen sind in Ober- und Untertuzla, Sauerbrunnen in Slatina (bei Banjaluka), Han-Kisseljak (bei Tuzla), Krapina etc., warme Schwefelquellen in Banjaluka, Iliazia, Vrucica (bei Tesanj) und im Römerbad bei Novibazar, Thermen im Kloster zu Banja (bei Priboi im Limthal).
Die Industrie des Landes ist eine sehr beschränkte und erstreckt sich bloß auf roh gearbeitete Eisenwaren, Hand- und Schußwaffen, grobe Wollstoffe, Kotzen, Teppiche, Decken, Leder- und Kupferschmiedewaren. Das Sattler-, Riemer-, Schuhmacher-, Lohgerber- und Kupferschmiedehandwerk wurde bisher fast ausschließlich von Mohammedanern ausgeübt. Die ziemlich entwickelte Hausindustrie liefert fast alles für den täglichen Bedarf. Die männliche und weibliche Kleidung wird in B. von Frauen gearbeitet. Der Handel war bis zur Okkupation durch Monopole, hohe Zölle und den Mangel guter Straßen in der Entwickelung gehemmt; der Export erstreckte sich meist nur auf Cerealien, Horn- und Kleinvieh, Wolle, gedörrte Pflaumen, Roheisen, Zinn, Waffen, Messer, Holz, Faßdauben und Bauholz, der Import auf Baumwollstoffe, rohe Baumwolle, Musselintücher, Rohseide, Kolonialwaren, Zucker etc. Der Mittelpunkt des Handels ist Sarajewo, bedeutende Handelsplätze sind überdies Travnik, Banjaluka, Livno, Mostar, Novibazar etc. Seit 1879 sind Industrie und Handel in stetem Zunehmen. In allen größern Orten wurden bereits Post- und Telegraphenstationen errichtet; an dem Bau der Verkehrsstraßen wird fortwährend gearbeitet, und von Eisenbahnen sind bereits die Strecken Doberlin-Banjaluka (Militärbahn) und Bosnisch-Brod-Zenica-Sarajewo (Bosnabahn) seit den Jahren 1880-82 im Betrieb. Die Länge der Eisenbahnen, welche ausschließlich Staatsbahnen sind, beträgt (1883) 370 km. 1881 gab es 55 Postanstalten, durch welche 3½ Mill. Briefe und Korrespondenzkarten und 492,000 Warenproben und Zeitungen befördert wurden.
[Verwaltung.] Die heutige staatsrechtliche Stellung Bosniens beruht auf den Bestimmungen des Berliner Kongresses 1878. Demgemäß übernahm Österreich-Ungarn die Administration und Okkupation der türkischen Provinzen B. und Herzegowina und erhielt das Recht, auch das unter türkischer Verwaltung bleibende Sandschak von Novibazar militärisch zu besetzen. Die zu Konstantinopel 21. April 1879 zwischen der Türkei und Österreich-Ungarn abgeschlossene Konvention erkennt ausdrücklich an, daß die Souveränitätsrechte des Sultans durch die Thatsache der Okkupation in keiner Weise berührt werden, sichert namentlich den Mohammedanern die Religionsfreiheit zu, bestimmt, daß die Einkünfte beider Länder nur zu deren Nutzen verwendet werden sollen, und räumt den türkischen Münzen auch fernerhin das Zirkulationsrecht ein. Vgl. "Sammlung der für B. und Herzegowina erlassenen Gesetze 1878-80" (Wien 1880, 2 Bde.). In politischer Hinsicht zerfiel B. bis November 1878 in 7 Kaimakamlyks: Sarajewo, Travnik, Bihac, Banjaluka, Swornik, Mostar und Novibazar, und jedes Kaimakamlyk in Kreise (Nahie oder Kasa), die unter einem Mudir standen. An der Spitze jedes Kaimakamlyks stand ein Kaimakam, welcher wieder von dem Wali der Provinz abhing. Sowohl die richterliche als die polizeiliche Gewalt hatten die Mohammedaner inne, die Christen waren davon ganz ausgeschlossen. Seit der Okkupation durch Österreich-Ungarn wird B. in die bereits oben genannten 6 Kreise eingeteilt. Die Landesregierung, welche dem kaiserlichen und königlichen gemeinsamen Ministerium untersteht, hat ihren Sitz in Sarajewo und war seit 1878 bestrebt, in allen Zweigen der Verwaltung die notwendigen und mit Rücksicht auf die eigentümlichen Verhältnisse des Landes möglichen Reformen einzuführen. In Sarajewo und den größern Städten fungiert ein Stadtrat. Die Justiz wird durch 6 neue Kreisgerichte und 42 Bezirksgerichte ausgeübt. Die finanziellen Angelegenheiten leitet die Finanzlandesdirektion in Sarajewo, welche zur Verwaltung der direkten und indirekten Steuern, des Zollwesens und zur Ausübung des Kontrolldienstes Steuerinspektorate, 46 Steuerämter, 6 Finanzinspektorate, 8 Zollämter und eine Zoll- und Finanzwache aufgestellt hat. Der Sicherheitsdienst wird durch ein aus 3000 Mann bestehendes Gendarmeriekorps vollzogen.
[Geschichte.] B. war im Altertum ein Teil Illyriens, kam als römische Provinz zu Pannonien, unter Augustus aber zu Dalmatien. In der Völkerwanderung wurde es durch verschiedene Völkerzüge heimgesucht. Sodann stand das von Slawen oder slawisierten Illyriern bewohnte Land bald unter serbischer, bald unter kroatischer Oberhoheit und wurde nebst Kroatien auch von den ungarischen Königen abhängig, bis 1376 der Ban Twartko sich zum König von B. erklärte. Durch Thronstreitigkeiten wurden die Türken herbeigezogen, welche B. zuerst 1401 eroberten. Doch wurde ihre Herrschaft unterbrochen, indem die serbischen Könige wieder von B. Besitz nahmen, bis es vonMohammed II. 1463 dauernd erobert wurde und rein osmanische Verfassung erhielt. 100,000 Menschen wurden als Sklaven weggeschleppt, 30,000 Knaben unter die Janitscharen eingereiht, viele Bosniaken nahmen den Islam an und wurden nun die Herren des Landes (Begs). Nur einen kleinen Teil von B. behaupteten die Ungarn bis zur Schlacht von Mohács 1526. Seitdem war ganz B. türkisch. Auch die spätern Türkenkriege änderten dies nicht, und im Karlowitzer Frieden 1699 wurde der Pforte der Besitz von B. ausdrücklich bestätigt. Durch hohe Abgaben schwer bedrückt, erhoben sich die christlichen Bauern 1849 und 1850 in offenem Aufstand, der aber durch Omer Pascha mit blutiger Strenge unterdrückt wurde. Der Steuerdruck wurde seitdem noch unerträglicher, da die Gouverneure die Erhebung der Steuern Steuerpachtern übertrugen. 1875 brach daher ein neuer Aufstand aus, den die türkische Regierung wegen gleichzeitiger andrer Aufstände und Kriege nicht zu dämpfen vermochte, der aber auch nicht den Sieg errang und daher das Elend des Volkes vermehrte. Der Berliner Kongreß beauftragte endlich Österreich-Ungarn mit der Okkupation und Verwaltung Bosniens und der Herzegowina. Dieses ließ Ende Juli 1878 seine Truppen über die Grenze rücken, hatte aber blutige Kampfe mit der fanatisierten mohammedanischen Bevölkerung zu bestehen, so daß die Okkupation erst Ende September vollendet war. B. wurde nun unter österreichische Verwaltung gestellt, über welche der österreichisch-ungarische Reichsfinanzminister die Oberaufsicht führt.
Die Beziehungen zur Türkei wurden durch einen Vertrag vom 21. April 1879 geregelt, welcher die Souveränität des Sultans über B. nominell anerkannte. 1880 wurde B. in das österreichische Zollgebiet einverleibt und 1881 ein Wehrgesetz nach österreichischem Muster mit allgemeiner Wehrpflicht eingeführt. 1882 erhielt B. eine Zivilverwaltung.
Vgl. Thömmel, Beschreibung des Wilajets B. (Wien 1867); Blau, Reise in B. 1867 ("Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin" 1868); Roskiewicz, Studien über B. und die Herzegowina (Leipz. 1868); Maurer, Reise durch B., die Saveländer und Ungarn (Berl. 1870); Sterneck, Geographische Verhältnisse, Kommunikationen etc. in B. (Wien 1877); Helfert, Bosnisches (2. Aufl., das. 1879); v. Schweiger-Lerchenfeld, B., das Land und seine Bewohner (das. 1879); Büchelen, B. und seine volkswirtschaftliche Bedeutung für Österreich-Ungarn (das. 1879); Strauß, B. Historisch-ethnographisch-geographische Schilderung (das. 1882-83, 2 Bde.); Mojsisovics, Tietze und Bittner, Geologie von B. etc. (das. 1880); du Nord, Abriß der Geschichte von B. (das. 1876); Haardt, Die Okkupation Bosniens (das. 1878); "Die Okkupation Bosniens und der Herzegowina im J. 1878", Bericht des österreichischen Generalstabs (das. 1879); Klaic, Geschichte Bosniens bis zum Zerfall des Königreichs (Leipz. 1884).

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