Äquatorial-Afrika - Congostaat - Meyers Konversations-Lexikon Jahr 1886. s0244a 6459 MeyA4B4 Äquatoria
Congostaat, der durch die Thätigkeit der Internationalen Gesellschaft des Congo in Äquatorialafrika ins Leben gerufene, durch die Berliner Congokonferenz (s. d.) von allen europäischen Mächten sowie schon früher von der Regierung der Vereinigten Staaten anerkannte freie Staat in Äquatorialafrika, dessen Grenzen durch die Verträge festgestellt sind, welche die Internationale Congogesellschaft 8. Nov. 1884 mit Deutschland, 5. Febr. 1885 mit Frankreich und 14. Febr. 1885 mit Portugal abgeschlossen hat (vgl. Karte beim Artikel "Congo"). Am Atlantischen Ozean besitzt der C. nur die kurze Küstenstrecke an der Mündung des Congoflusses nordwärts bis Cabo Lombo, von da geht die Grenze ostwärts bis zu 12° 20' östl. L. und folgt dann diesem Meridian bis zum Tschiloango, welcher nebst der Wasserscheide zwischen Congo und Kuilu darauf die Grenze bildet bis 15° östl. L., dem sie zum Congo folgt. Nun geht die Grenze am linken Ufer dieses Flusses aufwärts, dabei den Stanley Pool sowie die breite inselreiche Strecke des Stroms von Bolobo bis 0° 40' nördl. Br. in der Mitte durchschneidend. Von da nimmt die Grenze eine nordwestliche Richtung, bis sie den 17.° östl. L. trifft, und läuft diesen entlang zum 4.° nördl. Br., dem sie nun bis zum 30.° östl. L. folgt. Dann bildet dieser die Ostgrenze bis zur Nordostspitze des Luta Nzige, darauf zieht die Grenze zum Westufer des Tanganjika und an diesem bis zu 4° südl. Br., folgt demselben bis zum Lualaba, läuft an diesem hinauf zum Landschisee und von da ab westwärts etwas nördlich vom 6.° südl. Br. und diesem parallel bis Noki am linken Congoufer. In diesen von Deutschland anerkannten Grenzen umfaßt der C. ein Areal von 1,533,100 qkm (27,843 QM.) mit einer auf 27 Mill. geschätzten Bevölkerung, die, in zahlreiche Stämme zerspalten, der großen Völkerfamilie der Bantu angehört. Die von Belgien und Frankreich anerkannten Grenzen schließen noch das südlicher gelegene Areal zwischen Tanganjika, Moero und Bangweolo im O. und dem Lubilasch im W. ein, so daß der C. in dieser Umschreibung 2,074,100 qkm (37,678 QM.) umfaßt. Von diesem großen Gebiet sind bisher nicht einmal die Ufer des dasselbe durchziehenden Riesenstroms erforscht, dessen Lauf Stanley durch seine denkwürdige Fahrt der Welt zum erstenmal bekannt machte. Von da ab datieren die ersten Anfänge der Begründung des jetzigen Staats. Nachdem schon 15. Sept. 1876 auf Einladung König Leopolds II. der Belgier hervorragende Reisende, Geographen und Staatsmänner in Brüssel die Association Internationale Africaine mit König Leopold als Präsidenten gegründet und zunächst Ostäquatorialafrika zum Feld ihrer Thätigkeit gewählt hatten, konstituierte sich 25. Nov. 1878, nach der Begegnung König Leopolds mit Stanley, ebenfalls in Brüssel das Comité d'études du Haut-Congo, womit das Schwergewicht der Unternehmungen auf das Congogebiet verlegt wurde. Stanley, welcher für die Leitung dieser Unternehmungen gewonnen wurde, landete 1879 mit Arbeitern, die er in Sansibar angeworben hatte, an der Congomündung, gründete in Vivi, dem äußersten vom Meer aus zu erreichenden Punkt, 184 km von der Mündung, die erste Station, im Dezember 1880 bei Isangila die zweite, im Mai 1881 bei Manjanga die dritte und erreichte im Juli 1881 den Stanley Pool, dessen rechtes, westliches Ufer er aber bereits von Brazza im Namen Frankreichs besetzt fand, so daß er sich auf das entgegengesetzte Ufer begeben mußte, wo er bei dem Dorf Ntamo seine Hauptstation Léopoldville anlegte. Auf den Strecken, wo Fälle und Stromschnellen die Schiffahrt verhindern, hatte Stanley unter den größten Schwierigkeiten innerhalb dieser Zeit Straßen erbauen lassen, auf welchen indes das zu verschiedenen Zwecken, namentlich für die zur Schifffahrt auf dem obern Congo bestimmten Dampfer, nötige Material durch Menschenkräfte bewegt werden mußte. Von Léopoldville machten Stanley und seine Beamten verschiedene Fahrten den Strom aufwärts bis über den Äquator hinaus, auch in die Nebenflüsse hinein. So fuhr Stanley 1882 den Kwa und Mfini aufwärts bis zum Leopoldsee; mit den Häuptlingen wurden Verträge abgeschlossen und Stationen angelegt, so daß die Gesellschaft, welche inzwischen ihren Namen in den der Association Internationale du Congo umgewandelt hatte, Anfang 1885 bereits 27 Stationen zwischen der Mündung des Congostroms und den Stanleyfällen besaß. Diese waren am Unterlauf: Banana, Ponta da Lenha, Boma, Ikungula, Vivi, M'pozo; am Mittellauf: Isangila, Bansa Manteka, Nvunda, Südmanjanga, Nordmanjanga, Lutete, Jabukas, Léopoldville, Kinschassa, Kimpoko, Mswata, Kwamündung, Bolobo, Lukolela und Ngombe; am Oberlauf: Aequatorville, Uranga, Liboko, Upoto, Aruwimi und Fallstation auf der Insel Wana Rusani. Zu gleicher Zeit wurde Grant Elliott in das Gebiet des Kuilu entsandt, um dasselbe gegen die Franzosen zu sichern. Dort waren Ende 1884 nicht weniger als 16 Stationen errichtet: Grantville, Rudolfsstadt, Alexandraville, Massabe, Nyanga, Mayumba, Sette Cama, Stanley Niadi, Franktown, Sengi, Stéphanieville, Strauchville, Philippeville, Mboko, Mukumbi und Arthurville. Diese Stationen sind indes, mit Ausnahme von Mukumbi, durch Vertrag sämtlich an Frankreich abgetreten worden.
Das Menschenmaterial, welches Stanley zur Verfügung stand, setzte sich in der Hauptsache aus Sansibarleuten, zum kleinern Teil auch aus Kru-Negern und einheimischen Arbeitern zusammen. Die Zahl der Europäer im Dienste der Gesellschaft betrug Anfang 1885: 171, davon 49 Engländer, 46 Belgier, 37 Schweden, 20 Deutsche, 6 Franzosen.
Der C. ist infolge der Beschlüsse des belgischen Gesetzgebenden Körpers vom 28. und 30. April 1885 unter die Souveränität Leopolds II., Königs der Belgier, auf Grundlage der Personalunion gestellt. Nach § 3 der Congoakte (s. Congokonferenz) ist der Staat für beständig neutral erklärt worden. Die Proklamation geschah in Banana 13. Juli 1885. Die Zentralregierung mit drei Departements (Auswärtiges und Justiz, Finanzen, Inneres) hat ihren Sitz in Brüssel, die Regierung am Congo besteht aus einem Generaladministrator, einem Stellvertreter desselben und 78 auf verschiedene Punkte verteilten weißen Agenten, denen eine bewaffnete Macht von 2000 Schwarzen und 4 größere und 2 kleinere Dampfer zur Verfügung stehen. Das jährliche Budget setzt sich aus einer Dotation des Königs der Belgier im Betrag von 1 Mill. Frank und Lokaleinnahmen von gleichem Wert zusammen. Der Handel ist frei; die Abgaben dürfen nicht das Maß dessen überschreiten, was für die Verwaltung und die nötigsten Einrichtungen unerläßlich ist.
Seit dem Erscheinen der ersten europäischen Kaufleute am untern Congo, wo 1855 bei Banana ein Pariser Haus die erste Faktorei gründete (daher heißt die Spitze der Landzunge Pointe française), hat der europäische Handel bereits einen solchen Aufschwung genommen, daß gegenwärtig 17 Dampfer beschäftigt sind, die zahlreichen Faktoreien und Stationen miteinander in Verbindung zu setzen. Von den fünf hier etablierten Häusern ist die Nieuwe Afrikaansche Handels-Wennootschap zu Rotterdam weitaus das bedeutendste. Die Gesellschaft wurde 1880 mit einem Kapital von 3 Mill. Mk. gegründet, sie besitzt gegenwärtig zwischen Banana, ihrem Hauptsitz, und Noki 35 Faktoreien (mit Einschluß derjenigen in den benachbarten Gebieten 80) und beschäftigt an 150 weiße Agenten. Sie besitzt auf dem Congo 6 kleine Dampfer und läßt zwischen Rotterdam und dem Congo jährlich 5 Dampfer und 15 Segelschiffe mit einem Gesamtgehalt von 15,000 Ton. laufen. Die Gesellschaft brachte 1883 nach Rotterdam. 9414 T. im Wert von 6,4 Mill. Mk. (Palmkerne, Erdnüsse, Palmöl, Kaffee, in kleinern Quantitäten Sesam, Kautschuk, Farbhölzer, Kopal, Wachs, Elfenbein, Felle u. a.). Die British Congo Company zu Manchester (ursprünglich von Engländern und Portugiesen zu Lissabon als Central African Trade Company gegründet) hat ein Kapital von 2 Mill. Mk. und besitzt 11 Faktoreien. Außer diesen beiden großen Gesellschaften bestehen hier noch eine englische, eine französische und eine portugiesische. Den Verkehr zwischen Europa und der Congomündung vermitteln zwei englische Dampferlinien (eine von Hamburg ausgehend), eine deutsche (von Hamburg) und eine portugiesische. Die Flagge des neuen Congostaats ist blau mit goldenem Stern in der Mitte (s. Tafel "Flaggen I"). Das Wappen ist das persönliche des Königs der Belgier mit dem brabantischen Löwen und goldenem Stern im blauen Feld, mit der Devise: "Travail et progrès". Vgl. Wauters, Le Congo au point de vue économique (Brüss. 1885); "Aktenstücke, betreffend die Congofrage" (offiziell, Hamb. 1885); Stanley, Der Congo und die Gründung des Congostaats (deutsch, Leipz. 1885).
Deutsch
Portugiesisch
Französisch
Spanisch
CONGO-STAAT
Britisch
SANSIBAR
Südwestl. Deutschland in gleichem Maßstabe.
Anschluß siehe die Karte bei "Guinea"
Anschluß siehe Karte Ägypten
Anschluß siehe die Karte bei "Kapland"
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Maßstab 1:13000000.
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